Das Projekt
Lesedauer: 3 min
Haben wir nicht alle diese tief verwurzelte, oft unausgesprochene Angst, eines Tages vergessen zu werden? Die Vorstellung, dass wir eines Tages sterben und keine Spuren in dieser Welt hinterlassen, kann uns in stillen Momenten übermannen. In einer Gesellschaft, in der der Wert eines Menschen häufig durch Zahlen und Statistiken definiert wird, fragen wir uns: Was geschieht mit den Erinnerungen an uns, wenn wir nicht mehr hier sind? Diese Angst, in der Anonymität der Vergessenen zu verschwinden, beschäftigt viele von uns.
In meinem Projekt möchte ich dieser Sorge nachgehen und den vergessenen Stimmen der Gesellschaft Gehör verschaffen, insbesondere den Menschen in Obdachlosigkeit. Durch Interviews und persönliche Erzählungen möchte ich ihre Geschichten sichtbar machen und zeigen, dass jeder Mensch eine einzigartige Geschichte hat, die es wert ist, gehört zu werden. Lassen Sie uns gemeinsam diese Stimmen erheben und die Spuren sichtbar machen, die wir hinterlassen.
Es ist wichtig, zwischen Wohnungslosigkeit und Obdachlosigkeit zu unterscheiden.
Wohnungslos sind all jene Menschen, die über keinen gesicherten Wohnraum verfügen. Sie haben weder einen Miet- noch einen Pachtvertrag und kein anderes Recht auf eine Wohnung, was bedeutet, dass sie keine Möglichkeit haben, in einem eigenen Zuhause zu schlafen. Oftmals sind diese Menschen auf Notunterkünfte, Heime, Frauenhäuser oder die Sofas von Freunden und Verwandten angewiesen, die oft nur eine temporäre Lösung bieten.
Obdachlosigkeit hingegen ist eine noch drängendere Situation. Es sind die Menschen, die keine Unterkunft finden können und gezwungen sind, nachts im Freien zu schlafen – sei es in einem Park, unter einer Brücke oder auf einer Bank. Diese Differenzierung ist von großer Bedeutung, da sie die unterschiedlichen Lebensrealitäten verdeutlicht, mit denen die Betroffenen konfrontiert sind. Während Wohnungslosigkeit manchmal mit einem vorübergehenden Aufenthalt in einer Notunterkunft verbunden ist, bedeutet Obdachlosigkeit oft einen ständigen Kampf ums Überleben.
Das Leben auf der Straße ist alles andere als „leicht“ und in den seltensten Fällen eine freiwillige Entscheidung. Die Ursachen sind weit vielschichtiger als die oft gehörten Vorurteile wie „Faulheit“ oder „keine Lust auf das System.“ Vielmehr könnte man sagen, dass viele Menschen durch ein Netz gefallen sind – ein Netz, das nicht immer darauf ausgelegt ist, diejenigen aufzufangen, die wirklich in Not geraten.
Einige von euch denken jetzt vielleicht: „Aber es gibt doch genügend Hilfsstellen und Anlaufpunkte!“ Ja, theoretisch stimmt das. Doch in der Realität sind viele dieser Einrichtungen chronisch unterbesetzt und auf ehrenamtliches Engagement angewiesen. Die Kapazitäten der Ehrenamtlichen reichen häufig nicht aus, um die große Zahl Hilfesuchender aufzufangen. Hinzu kommt die schwierige finanzielle Lage vieler Organisationen – ihre Mittel sind oft begrenzt und selten ausreichend, um wirklich allen helfen zu können, die Unterstützung brauchen.
In einem System, das auf knappe Ressourcen stößt und dessen Unterstützung nicht alle erreicht, fallen viele durchs Raster. Das Leben auf der Straße ist für sie daher nicht eine Wahl, sondern eine Realität, der sie oft schutzlos ausgesetzt sind.
Ich selbst habe etwa ein halbes Jahr auf der Straße gelebt und in dieser Zeit die harte Realität der Obdachlosigkeit aus nächster Nähe erfahren. Rückblickend sehe ich mich als einen der Glücklichen, denn ich hatte nachts noch die Möglichkeit, in einem warmen Bett zu schlafen, was mir zumindest einen Ankerpunkt inmitten der täglichen Herausforderungen bot. Doch die meisten Menschen, die auf der Straße leben, haben nicht einmal das – sie kämpfen Tag für Tag um einen sicheren Schlafplatz, ein warmes Essen und um ihre Würde.
Die Menschen, die Tag für Tag in unserer Gesellschaft kämpfen, werden häufig übersehen, an ihnen wird vorbeigegangen, als wären sie unsichtbar. Wenn sie überhaupt wahrgenommen werden, dann oft durch abfällige Blicke oder abschätzige Kommentare. Man nennt sie „Abschaum“ oder den „Bodensatz“ der Gesellschaft – Begriffe, die ihre Menschlichkeit ignorieren und ihnen das Recht auf Mitgefühl absprechen. Doch hinter jedem einzelnen Gesicht steckt eine Geschichte, geprägt von Verlusten, Schicksalsschlägen und oftmals fehlender Unterstützung, die sie in diese Lage gebracht hat. Diese Menschen sind mehr als die Vorurteile, die ihnen entgegengebracht werden. Sie sind mehr als die Klischees, die wir über sie im Kopf haben. Sie sind Menschen, die nie die Chance hatten, aufzublühen, oder denen einfach zu oft die nötige Hilfe verweigert wurde.
Die Realität ist, dass wir in einer Gesellschaft leben, die ihre schutzbedürftigsten Mitglieder viel zu oft im Stich lässt. So viele, die auf der Straße leben, sind in einem Netz gefangen, das eigentlich dazu da sein sollte, sie zu schützen und aufzufangen – und doch funktioniert es nicht für alle. Anstatt Verständnis und Unterstützung zu finden, stoßen sie auf Ignoranz, Vorurteile und Ablehnung. Ihnen wird nicht zugehört, ihre Geschichten werden nicht erzählt, und ihre Bedürfnisse bleiben ungehört.
Du bist oder warst selbst obdachlos und möchtest deine Geschichte mit der Welt teilen? Schreib mir eine E-Mail! Dann bekommst du gerne alle Infos, die die Teilnahme betreffen.
Die Anfrage ist selbstverständlich unverbindlich und du kannst dich jederzeit umentscheiden!
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15.11.2024
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Du möchtest das Projekt unterstützen? Dann schreib mir gerne eine E-Mail!
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SEEWOLF-Studie
Studie der National Coalition for the Homeless (USA)
Substance Abuse and Mental Health Services Administration (SAMHSA) Studien
Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG W)
Dr. Peter Schäfer – Psychische Belastung von Obdachlosen
Crisis-Studie
Studie über extreme Temperaturen
Studie zur medizinischen Versorgung von Obdachlosen
National Coalition for the Homeless
Bundesregierung Bericht zur Obdachlosigkeit:
Studie des Deutschen Jugendinstituts (DJI)
Bericht des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ)
Studie der Off Road Kids Stiftung
Forschungsbericht des Deutschen Instituts für Jugendhilfe und Familienrecht (DIJuF)
Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB)
Bisher genutzte Bilder sind Stockfotos!
Alle Artikel sind von mir - Ylva Lindberg - geschrieben worden.
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